Hilfe durch Spezialisten

Sie haben anhand der Symptome und des Allgemeinzustandes einen Anfangsverdacht? Dann sollten Sie nicht zögern und umgehend einen Spezialisten für dieses Thema aufsuchen.

Der Hausarzt

Der erste Ansprechpartner für alle Probleme, die im Zusammenhang mit der Grunderkrankung auftreten, sollte der Hausarzt sein. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Er sammelt alle Daten und Berichte von Fachärzten, Krankenhäusern etc.. Er ist auch derjenige, der Ihnen bei späteren Anträgen (z. B. Pflegeversicherung, EU-Rente etc.) helfen kann und der Ihnen alle notwendigen Hilfsmittel verordnen kann. Da er Sie in der Regel schon recht lange kennt, kann er die Krankheitssymptome sicherlich am besten beurteilen. Auf jeden Fall sollten Sie von Ihrem Hausarzt eine Überweisung zum Spezialisten, in diesem Fall dem Lungenfacharzt bekommen, zwecks weiterer fachlicher Abklärung der Probleme. In akuten Fällen sollte der Hausarzt persönlich beim Facharzt einen Termin veranlassen. Am besten noch am selben Tag oder spätestens am darauffolgenden Tag.

Anmerkung:
Wer in einer Akut-Situation zu lange wartet, gefährdet sein Leben. Fachärzte haben im Regelfall eine sehr lange Wartezeit, aber akute Fälle werden in der Regel umgehend behandelt.

Der Lungenfacharzt

Der Lungenfacharzt (Pulmologe) ist in der Reihenfolge der nächste Arzt, den Sie aufsuchen sollten. Hier werden einige Untersuchungen vorgenommen, um den Problemen auf den Grund zu gehen. Untersucht werden sollte auf jeden Fall:

  • Die aktuellen Blutgaswerte.
  • Die Lungenfunktion sollte überprüft werden (wenn möglich im Sitzen und im Liegen), das heißt wie hoch ist z. B. die Lungenkapazität.
  • Die Lunge sollte geröntgt werden, um z. B. die Lage des Zwerchfells (dem Hauptatemmuskel) beurteilen zu können und um ggfs. andere Erkrankungen der Lunge auszuschließen.
  • Falls in der Praxis des Facharztes möglich, sollte eventuell ein EKG und ein Herzultraschall durchgeführt werden.

Der Lungenfacharzt kann mit diesen Eckdaten schon recht gut den Zustand des Patienten beurteilen. Oft wird dem Patienten noch ein Gerät mit nach Haus gegeben, mit dem eventuelle Schlafaussetzer in der Nacht überprüft werden können. Ich persönlich habe mit diesen Geräten allerdings keine positiven Erfahrungen gemacht. Zu schwer und zu unhandlich.

Der behandelnde Arzt wertet die Ergebnisse der nächtlichen Messungen aus und wenn die (vorläufige) Diagnose des Arztes ungünstig ausfällt, sollte der Besuch in einem Schlaflabor auf jeden Fall stattfinden.

Das Schlaflabor

Wie finde ich ein geeignetes Schlaflabor?

Die Wahl des Schlaflabores ist nicht ganz unproblematisch. Schlaflabore gibt es in Deutschland sehr viele.
Allerdings liegt bei der überwiegenden Zahl der Kliniken und Schlaflabore der Schwerpunkt auf der Behandlung der „obstruktiven Schlafapnoe“. Damit sind die Schnarcher gemeint. Ohne Zweifel ein großes und wichtiges Arbeitsfeld.

Leider können die meisten Kliniken unserer speziellen Pompe-Behandlungsproblematik nicht gerecht werden – sie sind schlicht weg nicht auf Menschen mit starken Bewegungseinschränkungen eingerichtet. Die wichtigsten Mängel stellen sich wie folgt dar:

  • Die Schlaflaborräume sind oft nicht für Rollstuhlfahrer geeignet bzw. ausgelegt (zu klein).
  • Patientenzimmer mit behindertengerechten bzw. rollstuhlgerechten Toiletten oder Waschgelegenheiten fehlen fast immer. Meist gibt es nur ein einzige Behinderten-Toilette auf der gesamten Station. Gelegentlich gibt es sogar nur eine Behindertentoilette im Keller!
  • Elektrisch verstellbare Betten sind auch ganz selten zu finden. Spezielle elektrisch verstellbare Pflegebetten, meist aus der Intensivmedizin entliehen, sind sehr kostenintensiv.
  • Häufig gibt es keine Möglichkeit für Begleitpersonen beim Patienten zu bleiben (Stichwort: rooming in).
  • Eine umfassende Betreuung durch das Krankenhauspersonal findet in der Regel auch nicht statt. Meist sind zu wenige Schwestern für zu viele Patienten da. Die Gesundheitsreform lässt da auch kaum gestalterischen (sprich pflegerischen) Spielraum.

Alle die oben genannten Punkte sind für „uns Muskelkranke“ mit unseren ureigensten Problemen also nicht besonders hilfreich. Der Besuch eines Schlaflabores kann so im schlimmsten Fall eine echte Tortur werden.

Wohl dem, der in dieser Situation noch ein wenig laufen kann und noch nicht zu 100% auf den Rollstuhl angewiesen ist.

Umso wichtiger ist es eine Klinik aufzusuchen, die entsprechende Kenntnisstände über Muskelerkrankungen hat, bzw. die Umgang mit Muskelerkrankten hat, die beatmungspflichtig sind. Das müssen nicht zwangsläufig „Pompe-Spezialisten“ sein. Es ist ausreichend, wenn das Krankheitsbild eines Muskelkranken hinreichend bekannt ist. Am besten ist hier wohl die Facharztgruppe der Neurologen geeignet. Morbus-Pompe ist zwar eine „Stoffwechselstörung“, aber ich habe bis heute keine Internisten gefunden, der sich zuständig fühlte. Die meisten Muskelerkrankungen sind eben neurologisch bedingt.

Wie geht es weiter, wenn Sie ein geeignetes Schlaflabor gefunden haben?

Sie nehmen alle bereits vorhandenen Untersuchungsunterlagen (Facharztbericht, event. aktuelle Röntgenbilder, ggfs. aktuelle Blutwerte, Einweisung durch den Fach- oder Hausarzt und die Versichertenkarte) mit in die Klinik.

Im Vordergrund der weiteren Untersuchungen steht als Zielsetzung, die Ursache der geschilderten Symptome der Atemfunktionsstörung genau zu diagnostizieren, um dann gegebenenfalls die geeignete Beatmungstherapie einzuleiten. Es werden verschiedene mehr oder weniger umfangreiche Untersuchungen durchgeführt wie z.B.:

  • Kontrolle der Blutwerte (Blutgasanalyse)
  • Transkutane Kapnometrie
    (wer wissen möchte, was das genau ist, kann das hier in einer Dissertation nachlesen)
  • Polysomnographie (diverse nächtliche Verkabelungs- und Messaktionen)
  • Röntgenaufnahmen der Lunge, (falls nicht schon beim Lungenfacharzt geschehen)
  • Lungenfunktionskontrolle (im Sitzen und im Liegen)
  • Atemwiderstandskontrolle (im Sitzen und im Liegen)
  • EKG und ein Herz-Ultraschall (falls nicht schon beim Lungenfacharzt geschehen)

Die Untersuchungen dauern im Normalfall zwischen 3 und 5 Tagen (bzw. Nächte), je nachdem wie schnell die Daten im jeweiligen Fall ermittelt werden können. Für eine vernünftige Diagnose wird vollständiger Schlafzyklus benötigt. Oft wird in der ersten Nacht die komplette Verkabelung gemacht (Polysomnographie) um zu sehen, wie groß die Problematik ist. Nach der Beurteilung der Ergebnisse der ersten Nacht, wird ein entsprechende Beatmungsgerät ausgewählt und an diesem Gerät ein paar Basisparamter eingestellt. Mit diesen Einstellungen, einer geeigneten Beatmungsmaske und der kompletten Verkabelung verbringen Sie dann die zweite Nacht. Wenn Sie unter diesen Voraussetzungen einen vollständigen Schlafzyklus hinbekommen haben, dann ist meißt schon alles klar. In der Regel müssen aber die Geräteparameter an Ihre speziellen Erfordernisse angepaßt werden (Feintuning). Nach einer weiteren Nacht (die 3.) und wenn die eingestellten Parameter für Sie passend waren, dürfte dann i.d.R. für den Anfang alles klar sein und Sie haben die ersten Hürden genommen.

Anmerkung:
Das Schlafen unter der Komplettverkabelung und einer bisher ungewohnten Situation mit einem noch nicht angepaßten Beatmungsgerät, sowie der fremden Umgebung, ist für viele Patienten nur sehr schwer möglich. Durch die Verkabelung ist die Bewegungsfreiheit eingeschränkt und das Beatmungsgerät und die Atemmaske sind nicht geräuschfrei. Das ist beim ersten Mal gewöhnungsbedürftig. Es kann daher durchaus möglich sein, dass weitere Nächte zur klaren Diagnosefindung sowie Geräteeinstellung erforderlich sein. Darum sollte man bei einem ersten Schlaflaborbesuch bis zu 5 Tagen bzw. Nächte einplanen. Aber Sie können sicher sein – der Aufwand lohnt sich!

Wie geht es jetzt weiter?

Ausgehend davon, dass die Diagnose klar ist, Sie also eine Heimbeatmung benötigen, und dass das Beatmungsgerät passend eingestellt wurde, geht es jetzt wie folgt weiter:

  • Der behandelnde Klinikarzt sucht mit Ihnen gemeinsam eine für Sie geeignete Beatmungsmaske aus. Das kann eine Nasenmaske, eine Mund-Nasenmaske (Vollmaske / Fullface) oder eine individuell angepasste Maske sein. In der Regel werden Sie zunächst mit einer Standardmaske versorgt. Hier gibt es bereits eine recht große Auswahl. Es gibt Patienten, die kommen gut mit den Standardmasken zurecht. Dort, wo das nicht der Fall ist, sind dann die individuellen Atemmasken die erste Wahl.
  • Das Beatmungsgerät wird Ihnen bereits in der Klinik verordnet und entsprechend vom Arzt, gemäß den ermittelten Parametern, eingestellt. Das Beatmungsgerät nehmen Sie auch gleich mit nach Haus. Wichtig ist hierbei darauf zu achten, dass es sich bei der Versorgung um ein BiPAP Gerät mit einem Akku handelt, damit Sie auch unterwegs und unabhängig von einer Stromversorgung beatmet werden können. Wichtig ist auch zu wissen, dass wenn Sie mindestens 16 Stunden beamtungspflichtig sind, Ihnen zwei gleichwertige Beatmungsgeräte mit Akku zustehen, um Ihre Versorgung sicher zu stellen! Hierzu gibt es klare Leitlinien: Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz – Revision 2017
  • Mit dem Beatmungsgerät und der Maske erhalten Sie (im Normalfall) noch weiteres Zubehör: Eine Tragetasche, die zum Gerät gehörenden Luft-Schläuche, Filtereinsätze für das Beatmungsgerät (Filter für ca.12 Monate) und falls erforderlich noch einen Atemluftbefeuchter, der zwischen Beatmungsgerät und Maske geschaltet wird und die Atemluft anfeuchtet. Letzteres ist heute in vielen Beamtmungsgeräten integriert. Falls Sie mit dem Rollstuhl unterwegs sind und dort auch beatmet werden müssen, dann lassen Sie sich auch gleich eine entsprechende Transporttasche für das Beatmungsgerät mit verordnen!
  • Wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind und die Beatmungsgerät angepasst ist, geht es wieder nach Hause. Die Klinik wird mit Ihnen einen Kontrolltermin vereinbaren (ca. 3 bis 6 Monate später), um den Erfolg der Beatmungs-Therapie zu überprüfen und ggfs. noch Einstellungen anzupassen bzw. zu ändern. Diesen Termin sollten Sie auf jeden Fall wahrnehmen.
  • Später, wenn sich alles ein wenig eingespielt hat, ist im Normalfall nur noch einmal jährlich eine Überprüfung im Schlaflabor erforderlich. Haben Sie jedoch innerhalb dieser Zeitspanne das persönliche Gefühl, dass sich Ihr Zustand verschlechtert oder die Geräte-Einstellungen eventuell nicht mehr ausreichend sind, sollten Sie umgehend wieder einen Lungenfacharzt oder das Schlaflabor aufsuchen.
  • Eine halbjährliche Zwischenuntersuchung (Kontrolle der Lungenfunktion und der Blutgase) bei Ihrem örtlichen Lungenfacharzt ist zu empfehlen.