Hilfsmittel – Folge 2 – Elektrorollstühle
In dieser Folge möchte ich das Thema „Mobilität“ und zwar konkret „Rollstühle / Elektrorollstühle“ behandeln.
Jeder Pompe-Betroffene durchläuft irgendwann in seinem Krankheitsverlauf verschiedene Stadien. Bezogen auf die Mobilität bzw. auf den langsamen Verlust der Gehfähigkeit, bedeutet dies im Regelfall den Einsatz von Hilfsmitteln. Zunächst reicht oft eine Gehhilfe (Stock), dann folgt manchmal der Rollator, dann der Schieberollstuhl, gelegentlich der Aktiv-Rollstuhl und dann oft der Schieberollstuhl mit Motor (e-Fix). Je schwerer der Grad der körperlichen Einschränkung ist, desto mehr Funktionen müssen durch das Hilfsmittel ausgeglichen werden. Bei besonders schwer Betroffenen ist irgendwann ein Elektrorollstuhl mit großem Funktionsumfang erforderlich,
Die aktuell erhältlichen Rollstühle sind High-Tech-Instrumente. Sie sind oft modular aufgebaut, können jeweils individuell an die Bedürfnisse des Betroffenen angepasst werden und haben teilweise einen enormen Funktionsumfang. Die aktuelle Rollstuhlgeneration ist mit den Rollstühlen der vergangenen Jahre kaum noch vergleichbar. Durch den Einsatz moderner Technik und die Funktionsvielfalt, sowie die individuelle Anpassung, sind diese Rollstühle in der Herstellung deshalb auch sehr aufwändig und kostspielig. Da jede Funktion am Rollstuhl „extra“ Geld kostet, sind die Leistungsträger (und der MDK), bestrebt jede einzelne Funktion des Rollstuhles zu hinterfragen und auf medizinische Notwendigkeit überprüfen zu lassen.
In der nachfolgenden Betrachtung geht es mir deshalb um dieses Rollstuhlsegment. Welche Funktionen medizinisch erforderlich sind, ist zwischen Patient und Arzt zu klären. Für die Darstellung und Erläuterung der einzelnen Funktionen ist i.d.R. das Sanitätshaus Ihres Vertrauens zuständig.
Welche Funktionen kann ein solcher Elektrorollstuhl nun im Einzelnen haben (in der Reihenfolgen vom oben nach unten am Rollstuhl):
- Höhenverstellbare und neigbare Kopfstütze
- Ergonomisch geformte Sitzschale (Recaro oder ähnlicher orthopädischer Funktionssitz)
- Manuelle Schiebemöglichkeit des Rollstuhles sollte gegeben sein
- Hochklappbare, höhenverstellbare und verlängerte Armlehnen mit weicher Auflage und leicht zu reinigendem und strapazierfähigem Bezugsstoff
- Hohes, elektrisch winkelverstellbares Rückenteil
- Elektronische Steuerung des Rollstuhles
- Elektrische Sitzkantelung oder Sitzwinkelverstellung
- Elektrische Sitzhöhenverstellung
- Elektrisch verstellbare Fußrasten, verstellbar in Höhe (Länge), Verstellbarkeit des Winkels und umklappbar
- Bein- und Kniestütze (rechts und links)
- Elektrische Lenkgabelarretierung
- Beleuchtung
- Vorrichtung zur Anbringung eines Beatmungsgerätes (mit / ohne Akku)
- Vorrichtung zur Befestigung des Rollstuhles in einem Fahrzeug (PKW, Kleinbus) – Docking-Station bzw. Kraftknoten
Was man bei der Wahl des Rollstuhles noch berücksichtigen sollte ist das Gewicht des Patienten. Die Höchstgrenze liegt bei vielen Rollstühlen bei 120 KG Körpergewicht.
Jeder Rollstuhlfahrer hat gewisse Prioritäten, was die einzelnen Rollstuhlfunktionen betrifft. Für mich persönlich hat die Aufstehfunktion eine große Bedeutung. Diese Funktion hat nicht jeder Rollstuhl, deshalb habe ich nachstehend einige Firmen exemplarisch aufgezeigt, die Rollstühle mit Aufstehfunktion im Programm haben.
Firma (Rollstuhl-Modell Beispiele)
- Meyra (iChair Modellreihe)
- Otto Bock (B und C Serie)
- PARAVAN (PR 30 und PR 50)
- Permobil (diverse Modelle)
- SKS (Swiss Viva Serie)
- Sunrisemedical (Quickie Serie / Stehstuhl)
Weitere Informationen zu Elektrorollstühlen:
Quelle: Internet, Wikipedia -> http://de.wikipedia.org/wiki/Rollstuhl
Hier werden u.a. folgende ergänzende Themen behandelt:
- Stromkosten -> Stromkostenerstattung durch den Leistungsträger (KK)
- Haftpflichtversicherung -> Einschluss des Rollstuhles in private Haftpflichtversicherung prüfen!
- Jahreskennzeichen -> Versicherungskennzeichen für Rollstühle mit einer Geschwindigkeit von > 6 km/h
Schlussbemerkung:
Der Verlauf der Erkrankung, ist je nach Beginn der Erkrankung (infantil, juvenil, adult) von Fall zu Fall unterschiedlich. Viele Betroffene kommen lange mit einem Gehstock oder Rollator zurecht, bei manchen schreitet die Erkrankung jedoch schneller voran und so kann es durchaus sein, dass der (Elektro-)Rollstuhl in diesen Fällen ehr benötigt wird. Zwischen Gehstock und Rollstuhl gibt es natürlich noch weitere Varianten, um das Mobilitätsdefizit auszugleichen. Da wären z.B. Fahrräder mit Hilfsmotor und Stützrädern oder Elektro-Scooter in allen Formen und Größen – sogar faltbare Exemplare sind erhältlich. Das sind aber oftmals keine Hilfsmittel im Sinne des Gesetzes und die Anschaffungskosten muss der Betroffene i.d.R. selbst tragen. Aber auch hier lehrt mich die Praxis, dass ein Antrag bei der Krankenkasse durchaus im Einzelfall zum Erfolg führen kann.
Die Wahl des Hilfsmittels ist (leider) in vielen Fällen auch vom persönlichen Wohnraumumfeld und den finanziellen Möglichkeiten des Betroffenen abhängig. Menschen, die nicht im Erdgeschoss wohnen und in deren Haus kein Fahrstuhl vorhanden ist, haben mit einem großen Elektrorollstuhl i.d.R. erhebliche Probleme. Aber auch wenn innerhalb der eigenen Räume die Türen für die Rollstuhlnutzung zu schmal sind oder das Badezimmer / Toilette zu klein ist, gibt es Probleme. Probleme können auch entstehen, wenn man einen großen Rollstuhl mit dem eigenen PKW transportieren möchte. Einige dieser Probleme bzw. Fragestellungen werde ich im weiteren Verlauf dieses Blogs aufgreifen.
Thomas Schwagenscheidt